Objektivkonstruktionen |
In den Anfängen der Fotografie (1839) wurden vielfach einfache Linsen benutzt, die aufgrund ihrer zahlreichen Abbildungsfehler nur eine bescheidene Bildschärfe ermöglichten. Schon in dieser Zeit wurde daher mit verschiedenen Konstruktionen experimentiert. Mithilfe eines Meniskus (konkavkonvexe Linse), deren konkave Seite dem Objekt zugekehrt war, konnte ein deutlich grösserer Bildkreis ausgezeichnet werden. Diese Konstruktion wurde auch durch zwei verkittete Linsen achromatisch ausgeführt und hatte unter der Bezeichnung "französische Landschaftslinse" lange eine grosse Bedeutung; in der Version des Frontars fand es sich auch viel später noch bei einfachen Kameras. Das nach seinem Konstrukteur benannte Petzval-Objektiv bestand dagegen schon aus zwei Linsenpaaren, die einen recht grossen Abstand hatten. Es war um 1840 das erste Objektiv, zu dessen Konstruktion Berechnungen angestellt wurden und war bei einer hohen Lichtstärke von 1:3.4 weitgehend frei von Öffnungsfehlern und Koma. Wegen der deutlichen Bildfeldwölbung war der nutzbare Bildwinkel bei hervorragender Schärfe auf etwa 20° beschränkt; das Petzval-Objektiv war damit für lange Zeit das beliebteste Objektiv für die Porträtfotografie.
Bei allen Grafiken auf dieser Seite ist die Objektseite links, der Querstrich
auf der optischen Achse bezeichnet die Blendenlage. Firmen- und Handelsbezeichnungen
sind geschützt.
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Landschaftslinse | Frontar | Petzval-Objektiv |
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Der Doppelanastigmat ist völlig oder fast symmetrisch,
sodass Koma, chromatische Fehler und Verzeichnung nicht nennenswert auftreten
und die Linsenform für die Bildfeldebnung optimiert werden kann. Die
Objektive haben ausgezeichnete Schärfe bei eher geringer Lichtstärke
und werden beispielsweise für Architekturaufnahmen und Reproduktionen
eingesetzt.
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Dagor | Symmar 5.6/150 mm | Apo-Ronar 9/300 mm |
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Biotar 2/58 mm | Summar 2/50 mm | Planar 2.8/80 mm |
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Triplet | Tessar 3.5/50 mm | Sonnar 2/50 mm |
Bei der Objektivkonstruktion gibt es neben Variationen in der
Konstruktion (Typ, Linsenzahl, Glassorten) noch weitere konstruktive
Besonderheiten, die noch höhere Abbildungsleistungen, kompaktere
Bauweise oder bessere Handhabung ermöglichen:
Der Zusatz Apo weist auf
apochromatische
Korrektur hin. Durch weitgehende Beseitigung des sekundären Spektrums
sind Farbfehler hochgradig korrigiert, was mit zunehmender Brennweite wichtig
wird.
Asphären sind Linsen, deren Oberfläche nicht einer Kugeloberfläche (sphärische Fläche) entspricht. Sie sind wertvoll als Korrekturglieder für die sphärischen Abbildungsfehler. Sie sind sehr teuer in der Herstellung, wenn sie aus Glas geschliffen werden und kommen daher nur bei hochwertigen Objektiven zum Einsatz. Aus Kunststoff sind sie billiger zu fertigen. Wenn keine optische Abbildungsleistung erforderlich ist, wie bei Kondensorlinsen für Diaprojektoren oder Leuchttürme, kommen auch Presslinge aus Glas zum Einsatz.
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Tamron 2.8-4/17-35 mm. Element mit anomaler Teildispersion (dunkler), asphärische Linsen (grün) und Innenfokussierung |
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Tokina AF 3.5/17 mm AT-X mit asphärischer Linse und Floating Element |
Bei der Innenfokussierung (IF) wird nicht die gesamte Optik zur Scharfeinstellung verschoben, sondern nur eine bestimmte Linsengruppe. Bei Spiegelobjektiven wird zur Scharfeinstellung nur der zweite Spiegel relativ zum ersten bewegt.
Kunststofflinsen haben neben geringem Gewicht den Vorteil, dass sie auch dann noch billig gefertigt werden können, wenn sie keine Kugeloberfläche haben (Asphären). Der Nachteil ist die geringe Auswahl an durchsichtigen Kunststoffen, die man an einer Hand abzählen kann, während weit über hundert Glassorten mit unterschiedlicher Brechung und Dispersion für die Objektivkonstruktion zur Verfügung stehen.
Die Retrofokuskonstruktion ist eine asymmetrische Konstruktion, bei der das Bild erst weit hinter dem Objektiv scharf abgebildet wird. Der Abstand zwischen der letzten Linse und dem Bild (die Schnittweite) kann dabei sogar wesentlich grösser sein als die Brennweite. Sie kommt bei kurzbrennweitigen Objektiven für Spiegelreflexkamers zum Einsatz, um Platz für den Spiegel zu lassen. Die bildraumseitige Hauptebene des Objektivs liegt bei Retrofokuskonstruktionen hinter der eigentlichen Optik.
Spiegelobjektive oder Spiegellinsenobjektive (Katadiopter) sind Sonderformen der Teleobjektive, bei denen neben Linsen auch gewölbte Spiegel zur Abbildung eingesetzt werden. Oberflächenverspiegelte Elemente zeigen keinerlei chromatische Fehler, sodass eine gute Korrektur möglich ist. Durch den Strahlengang - ein Hohlspiegel an der Rückseite des Objektivs wirft das Licht auf einen kleinen Konvexspiegel in der Mitte der Feldlinse, der wiederum das Licht durch ein Loch im Hauptspiegel in die Kamera lenkt - sind Spiegelobjektive trotz langer Brennweiten ausserordentlich kompakt. Eine Irisblende ist konstruktionsbedingt nicht möglich, sodass die Schärfentiefe nicht gesteigert werden kann und zur Helligkeitsreduktion Filter eingesetzt werden müssen. Ein weiterer Nachteil ist die ringförmige Eintrittsöffnung, die ringförmige Zerstreuungskreise bedingt, was ein unschönes Bokeh zur Folge hat.
Teleobjektive sind asymmetrisch aufgebaute Objektive, bei denen hinter einem fokussierenden Sammelglied ein Streuglied geschaltet ist. Der Vorteil ist die kurze Baulänge, die wesentlich kürzer ist als die Brennweite; die Hauptebenen des Objektivs liegen vor der eigentlichen Optik. Der Nachteil ist, dass die Schärfedehnung nach Scheimpflug nicht mehr ohne weiteres anwendbar ist, da das Objektiv um die Mittelachse der bildraumseitigen Hauptebene geschwenkt werden muss. Üblicherweise werden langbrennweitige Objektive für Kleinbild- und Mittelformatkameras so konstruiert.
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Spiegelobjektiv; Spiegel grau | Telyt 4.5/200 mm | Tele-Tessar 4/300 mm |
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Angulon 6.8/65 mm | Distagon 2.8/35 mm, eine Retrofokuskonstruktion | F-Distagon 2.8/16 mm, ein Fisheye |
Zoomobjektive sind Objektive, deren Brennweite in einem bestimmten Bereich kontinuierlich verändert werden kann. Eine besondere Herausforderung bei der Konstruktion liegt darin, dass sich während der Brennweitenänderung die Bildlage nicht ändert, also nicht nachfokussiert werden muss. Schematisch kann man die Konstruktion in einen fokussierenden Teil, der natürlich letztendlich aus mehreren Linsen besteht, und ein afokales System trennen. Das afokale System besteht in einem einfachen Aufbau aus zwei Sammellinsen und einer Streulinse doppelter Stärke, die zwischen den Sammellinsen angeordnet ist. Ein solches System kann kein Bild erzeugen, hat aber je nach Lage der Streulinse eine variable Vergrösserung. Vorgeschaltet vor die fokussierende Linsengruppe ändert sich somit die Brennweite des Gesamtsystems, aber nicht die Bildlage, wenn die Streulinse verschoben wird, wobei eine der Sammellinsen feststeht und das Vorder- oder Hinterglied nichtlinear zur Streulinse bewegt wird. Dem Vorteil der veränderlichen Brennweite steht ein hoher optischer und mechanischer Konstruktionsaufwand entgegen, ausserdem sind Zoomobjektive anfällig für Verzeichnung, da die Konstruktion stark asymmetrisch ist und die Lage der Blende je nach eingestellter Brennweite variiert.
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Zoom (schematisch) |