von Franz-Manfred Schüngel
Die Eigenschaften einer Linse mit Kugeloberflächen (sphärische
Linsen) werden durch die beiden Radien, die Dicke und die Glassorte (Brechungsindex,
Dispersion) bestimmt. Je nachdem, ob die Linse in der Mitte oder am Rand
dicker ist, unterscheidet man Sammel- und Streulinsen:
Eine Sammellinse ist in der Lage, parallel einfallende Lichtstrahlen
(etwa Sonnenlicht) in einem Punkt (dem Brennpunkt) zu bündeln. Den
Abstand von der Linsenmitte zum Brennpunkt bezeichnet man als Brennweite
der Linse. Die Namen sind einleuchtend, kann man doch mit der Sonne und
einer hinreichend grossen Sammellinse mehr oder weniger freiwillig nützliche
Gegenstände in Brand setzen.
Die Brennweite einer Linse ( f ) wird üblicherweise in mm
angegeben. Die Angabe Dioptrien, die in der Augenoptik und bei Nahlinsen
noch üblich ist, errechnet sich nach 1000 mm / f , 4 Dioptrien
entsprechen also 250 mm. Negative Vorzeichen werden für Streu- und
positive für Sammellinsen verwendet.
Mit einer einzelnen Linse kann man bereits eine Abbildung erzeugen,
wie man mit Hilfe einer einfachen Lupe an einer weissen Wand leicht überprüfen
kann. Zu fotografischen Zwecken werden aber wegen der Abbildungsfehler
keine einzelnen Linsen, sondern Linsenkombinationen (Objektive) eingesetzt.
So können durch Kombination mehrerer Linsen aus verschiedenen Glassorten
beispielsweise die chromatischen Fehler weitgehend korrigiert werden, wie
das in der Abbildung übertrieben angedeutet ist.
Das durch eine einfache Sammellinse entstehende Bild lässt sich
folgendermassen konstruieren: Parallelstrahlen werden zu Brennstrahlen
(gehen also durch den Brennpunkt), Brennstrahlen werden Parallelstrahlen
(die Lichtwege sind grundsätzlich umkehrbar!) und Mittelpunktsstrahlen
bleiben Mittelpunktsstrahlen. Aus den Winkelsätzen ergeben sich die
folgenden Zusammenhänge:
Dies gilt jedoch nur für dünne Linsen, also solche, deren
Dicke gegen die anderen Grössen (Bildweite ...) vernachlässigbar
ist. Bei komplexen optischen Systemen muss man jeden Glas-Luft-Übergang
einzeln betrachten. Bei einem fertig aufgebauten optischen System (Objektiv)
kann man sich jedoch damit behelfen, dass man eine Hauptebene für
den Bildraum und eine für den Objektraum definiert:
Dabei können sich die Hauptebenen auch ausserhalb des Objektivs
befinden oder vertauscht sein, sodass sich Bild- und Objektraum überschneiden.
Die Lage der Hauptebenen ist in den technischen Daten zu Objektiven angegeben.
Fresnellinsen sind flache Linsen, die sich aus Kunststoff pressen
lassen und die beispielsweise als Kondensorlinsen bei Overheadprojektoren,
zur Erzielung heller Sucherbilder oder als flache Lupen (Blattlupen) zum
Einsatz kommen. Im Prinzip handelt es sich um Linsen, denen blockweise
die "optisch unwirksamen" Quader entnommen wurden. Es gibt auch entsprechende
Streulinsen etwa als Einparkhilfe für Autoheckscheiben. Zur optischen
Abbildung sind sie wegen der sichtbaren Ringe an den Übergängen
nicht geeignet.
Bei der Objektivkonstruktion gibt es neben Variationen in der
Konstruktion (Linsenzahl, Glassorten) konstruktive Besonderheiten, die
noch höhere Abbildungsleistungen, kompaktere Bauweise oder bessere
Handhabung ermöglichen: |
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Der Zusatz Apo weist auf apochromatische
Korrektur hin. Durch weitgehende Beseitigung des sekundären Spektrums
sind Farbfehler hochgradig korrigiert, was mit zunehmender Brennweite wichtig
wird.
Asphären sind Linsen, deren Oberfläche nicht einer
Kugeloberfläche (sphärische Fläche) entspricht. Sie sind
wertvoll als Korrekturglieder für die sphärischen
Abbildungsfehler. Sie sind sehr teuer in der Herstellung, wenn sie
aus Glas geschliffen werden und kommen daher nur bei hochwertigen Objektiven
zum Einsatz. Aus Kunststoff sind sie billiger zu fertigen. Wenn keine optische
Abbildungsleistung erforderlich ist, wie bei Kondensorlinsen für Diaprojektoren
und Leuchttürme, kommen auch Presslinge aus Glas zum Einsatz.
Floating elements sind ein mechanisches Konstruktionsmerkmal,
bei dem eine Linsengruppe (das floating element) relativ zu den restlichen
Linsen bei der Scharfeinstellung nichtlinear bewegt wird. Dadurch wird
eine bessere Korrektur im Nahbereich ermöglicht. Sie sind häufig
bei hochwertigen Weitwinkelobjektiven anzutreffen.
Gläser mit anomaler Teildispersion sind Gläser, die
bei hoher Brechung geringe Dispersion
aufweisen oder umgekehrt. Sie sind wertvoll zur Konstruktion von Korrekturgliedern
für die chromatischen Abbildungsfehler.
Bei der Innenfokussierung wird nicht die gesamte Optik zur Scharfeinstellung
verschoben, sondern nur eine bestimmte Linsengruppe. Bei Spiegelobjektiven
wird zur Scharfeinstellung nur der zweite Spiegel relativ zum ersten bewegt.
Kunststofflinsen haben neben geringem Gewicht den Vorteil, dass
sie auch dann noch billig gefertigt werden können, wenn sie keine
Kugeloberfläche haben (Asphären). Der Nachteil ist die geringe
Anzahl an durchsichtigen Kunststoffen, die man an einer Hand abzählen
kann, während weit über hundert Glassorten mit unterschiedlicher
Brechung und Dispersion zur Verfügung stehen.
Die Retrofokuskonstruktion ist eine asymmetrische Konstruktion,
bei der das Bild erst weit hinter dem Objektiv scharf abgebildet werden.
Der Abstand hinter der letzten Linse (die Schnittweite) kann dabei sogar
wesentlich grösser sein als die Brennweite. Sie kommt bei kurzbrennweitigen
Objektiven für Spiegelreflexkamers zum Einsatz, um Platz für
den Spiegel zu lassen. Die bildraumseitige Hauptebene des Objektivs liegt
bei Retrofokuskonstruktionen hinter der eigentlichen Optik.
Teleobjektive sind ebenfalls asymmetrisch aufgebaut: Hinter einem
fokussierenden Sammelglied ist ein Streuglied geschaltet. Der Vorteil ist
die kurze Baulänge, die wesentlich kürzer ist als die Brennweite;
die Hauptebenen des Objektivs liegen vor der eigentlichen Optik. Der Nachteil
ist, dass die Schärfedehnung nach Scheimpflug
nicht mehr ohne weiteres anwendbar ist, da das Objektiv um die Mittelachse
der bildraumseitigen Hauptebene geschwenkt werden muss. Üblicherweise
werden langbrennweitige Objektive für Kleinbild- und Mittelformatkameras
so konstruiert.
UV-Objektive sind für die sehr exotische UV-Fotografie konzipiert.
Da Glas nicht UV-durchlässig ist, kann nur das teure und zerbrechliche
Quarzglas zur Konstruktion eingesetzt werden. Diamant wäre noch besser
geeignet, hat aber leider in den Objektivbau noch nicht Einzug gehalten. |
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(c) 2002 by Franz-Manfred
Schüngel