Fläche, Raum |
Obwohl Fotografien den etwas merkwürdigen Ruf haben, die Wirklichkeit unverfälscht wiederzugeben, stellen sie zwei wesentliche Elemente der visuellen Wahrnehmung nicht dar: Die Räumlichkeit und die Bewegung. Um diese trotzdem wirksam anzudeuten, gibt es zahlreiche gestalterische Möglichkeiten:
Fotografiert man eine Landschaft, so verschwinden die Details mit zunehmender
Entfernung, je nach Wetter, im Dunst. Konkret äussert sich dies in
einer Minderung der Kontraste, bei Farbaufnahmen zusätzlich in einem
zunehmenden Blaustich. Da dieser Effekt der natürlichen Wahrnehmung
entspricht, erhält man so einen räumlichen Eindruck. Der Effekt
wird als Luftperspektive bezeichnet.
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Die Perspektive ist die Darstellung des Raumes auf einer Fläche in der Art, dass die dreidimensionale Vorstellung gewahrt bleibt. In der Malerei muss man sie konstruieren, die Kamera macht sie (im Sinne einer Zentralperspektive) von allein. Die genaue Darstellung hängt aber vom Standort der Kamera ab (und nur von diesem!). Eine Häuserfront wird so bei einer Frontalansicht perspektivisch anders dargestellt als bei einer Schrägansicht. Bei der Annäherung an ein Objekt (und evtl. Kompensation des geänderten Ausschnitts durch Wahl einer kürzeren Brennweite) wird der Vordergrund relativ zum Hintergrund grösser dargestellt, eine grössere Aufnahmeentfernung rückt dagegen Vordergrund und Hintergrund scheinbar näher zusammen. Durch sorgfältige Wahl des Aufnahmestandorts lässt sich der räumliche Eindruck beispielsweise durch Einbeziehen eines Vordergrunds oder von blickführenden Linien in die Komposition beeinflussen. Wichtig ist jedoch, dass Vorder- und Hintergrund einen Bezug zueinander haben: Vorn in das Bild hängende Zweige sind wie ein nachträglich in den Himmel kopierter Mond klassische Anfängerfehler. Sie fungieren zwar als Vorder- oder Hintergrund, ihr fehlender Bezug zum Hauptmotiv macht sie dennoch zu störenden Elementen. Der Bezug kann hergestellt werden, indem nicht nur einige Zweige ins Bild hängen, sondern auch ein Stück der Wurzel oder der Schatten des Baumes im Bild ist.
Weitere Möglichkeiten zur Darstellung von räumlicher Tiefe
sind die Verteilung von Schärfe und Helligkeit. Bei Porträts
sieht man häufig einen unscharfen Hintergrund durch geringe Schärfentiefe,
neben der entstehenden Tiefenwirkung hat dies noch den Vorteil, dass Details
im Hintergrund aufgelöst werden und den Betrachter nicht vom Motiv
ablenken.
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Um den räumlichen Eindruck exakt wiederzugeben, bedarf es zweier Aufnahmen mit Augenabstand. Bei der Betrachtung der Aufnahmen darf jedes Auge nur das entsprechende Bild sehen, was ein spezielles Betrachtungsgerät erfordert. Diese Stereofotografie ist schon sehr alt, führt aber bis heute ein Nischendasein. Für Papierbilder gibt es unhandliche Betrachtungsgeräte, durch schielen ist es auch möglich, sie ohne Gerät zu Betrachten. Etwas praktischer sind Dias, bei denen das Betrachtungsgerät gegen das Licht gehalten wird. Die Projektion von Stereobildern erfordert zwei Projektoren mit Polfiltern und Polfilterbrillen bei den Betrachtern. Zur Aufnahme benötigt man eine Stereokamera, die zwei Bilder im Augenabstand gleichzeitig belichtet, oder einen Stereovorsatz, der als Strahlenteiler zwei Halbbilder auf ein Bildfeld belichtet. Er wird als Voratz an einer normalen Kleinbild-Spiegelreflex verwendet. Alternativ können auch bei sich nicht bewegenden Objekten zwei Aufnahmen hintereinander gemacht werden, nach der ersten Belichtung wird die Kamera beispielsweise mit einer Schiene um 6 cm verschoben.
Zur Darstellung von Bewegung gibt es ebenfalls stilistische Möglichkeiten:
Fotografiert man mit kurzer Verschlusszeit, erhält man eine starre
Momentaufnahme; man spricht von Einfrieren. Die Bewegung ist dann nur erkennbar,
wenn sie offensichtlich ist, beispielsweise bei spritzendem Wasser. Möchte
man die Bewegung eines Fahrzeugs darstellen, sollte man eine längere
Verschlusszeit wählen, weil die Bewegungsunschärfe den Eindruck
der Bewegung vermittelt. Durch Mitziehen der Kamera beim Auslösen
erreicht man, dass Hintergrund und Räder verwischt werden, während
das Fahrzeug selbst verhältnismässig scharf abgebildet wird.
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Besteht der Bildaufbau aus verschiedenen Flächen (zum Beispiel
Landschaft und Himmel), stellt sich die Frage, wie man die Bildfläche
einteilt. Eine mittige Teilung empfiehlt sich nur für grafisch wirkende
Aufnahmen, sie wirkt leicht langweilig und dilettantisch. Eine extreme
Einteilung, bei der die Trennlinie sehr nahe an den Bildrand zu liegen
kommt, wirkt auch unharmonisch, wenn sie die Bildaussage nicht unterstreicht.
Am harmonischsten wird eine Einteilung im goldenen Schnitt empfunden.
Die kleinere Fläche verhält sich dabei zur grossen Fläche
wie die grosse Fläche zur Gesamtfläche. Das Teilungsverhältnis
beträgt etwa 3:5.
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